Michael Praetorius Denkmal Creuzburg

Michael – Praetorius – Denkmal

Einweihung in Creuzburg 2021

Praetorius-Creuzberg

Michael – Praetorius – Denkmal

auf dem Markt in Creuzburg gegenüber der Nicolaikirche

Einweihung in Creuzburg 2021

XXIV. MICHAEL PRÆTORIUS TAGE

Michael Praetorius Creuzburg
Michael Praetorius Creuzburg

PRAETORIUS, Michael (Schulteis),

deutscher Komponist und Musiktheoretiker, * um 1572 Creuzburg/Werra (genaues Geburtsdatum bisher nicht bekannt) † 15. Februar 1621 Wolfenbüttel. Vater und zwei ältere Brüder waren streng lutherische Pfarrer. Nach Schulzeit in Torgau und Zerbst ab 1585 Studium der Theologie und Philosophie an der Universität „Viadrina“ in Frankfurt/Oder. Dort mit etwa 16 Jahren auch Organist der Universitätskirche St.Marien. Verließ Frankfurt 1589 aus unbekannten Gründen, ohne das Studium beendet zu haben. Aufenthalt und Tätigkeit während der Jahre 1589-94 bisher nicht geklärt.

Seit etwa 1594 im Dienst des Herzogs Heinrich Julius zu Braunschweig & Lüneburg, auch Bischof von Halberstadt; zunächst als Kammerorganist, ab 1604 als Hofkapellmeister. Der Überlieferung nach auch „Geheimer Kammersekretär“ der Herzogin Elisabeth.

Im Jahr 1596 Teilnehmer unter 53 Organisten bei den Einweihungsfeierlichkeiten der großen Orgel (59 Register) in Schloss Gröningen bei Halberstadt, dem Sitz des Herzogs neben seiner Wolfenbütteler Residenz.

Bis zu dessen Tod im Jahre 1613 lebte P. vorwiegend in Wolfenbüttel (seit 1612 eigenes großes Haus). 1603 Heirat mit Anna Lakemacher aus Halberstadt; Geburt zweier Söhne: Michael 1604, Ernst 1606. Er unternahm in dieser Zeit wiederholt Reisen, u.a. nach Bückeburg, Kassel, Regensburg und Prag, auch in diplomatischem Auftrag des Herzogs. Zu seinem Bedauern ist er aber nie in Italien gewesen. Enge familiäre Verbindungen des Wolfenbütteler Hofes zum Kurfürstlichen Hof in Dresden führten mehrfach zu Reisen dorthin.

Nach dem Tode des Herzogs Tätigkeit ab 1613 am Kurfürstlichen Hof in Dresden als „Capellmeister von Haus aus“ (er blieb in seiner Wolfenbütteler Bestallung, reiste aber zu festlichen Gelegenheiten nach Dresden zur Aufführung eigener Werke). In gleicher Funktion ab 1616 auch am Erzbischöflich-Magdeburgischen Hof in Halle a.d.Saale.

Komponist und Leiter zahlreicher Festmusiken: 1610 Taufe in Dresden, 1614 Fürstentag in Naumburg, Hochzeit in Wolfenbüttel („Diana Teutonica“), Taufe in Dresden; 1615 Hochzeit in Wolfenbüttel, Hochzeitsmusik in Halle gemeinsam mit Samuel Scheidt, Taufe in Dresden; 1616 Erbhuldigung in Braunschweig, Taufe in Halle; 1617 Introduktion in Halberstadt, Kaiserbesuch in Dresden („Polyhymnia Heroica“, nicht überliefert), Komposition der Festmusik zur Hundertjahrfeier der Reformation in Dresden („Polyhymnia Jubilaea“, nicht überliefert; Aufführung unter Leitung von Heinrich Schütz), Fürsten-Hochzeit in Darmstadt.

Musikalischer Berater an den Fürstenhöfen in Bückeburg, Dresden, Halle a.d.Saale, Rotenburg a.d.Wümme, Sondershausen und am dänischen Königshof in Kopenhagen (1618). Reisen in diesen Jahren von insgesamt etwa 10.000 km.

1618 Neuorganisation der Magdeburger Dommusik gemeinsam mit Samuel Scheidt und Heinrich Schütz (nicht gesichert). 1619 gemeinsam mit Scheidt, Schütz und Johann Staden Einweihung der neuen Fritzsche-Orgel der Bayreuther Stadtkirche, Reisen nach Leipzig, Nürnberg und Bückeburg. Reger Briefwechsel u.a. mit Seth Calvisius, Bekanntschaft mit Johann Hermann Schein.

Häufige Zusammenarbeit mit den Orgelbauern Esaias Compenius (u.a. „Compenius-Orgel“, 1616 verschenkt an König Christian IV. von Dänemark nach Schloss Frederiksborg) und Gottfried Fritzsche (u.a. Orgel in der neuerbauten Kirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel).

Als sein Schüler ist nur bekannt Heinrich Grimm (um 1607 Kapellknabe in der Wolfenbütteler Hofkapelle). Umfangreicher Briefwechsel mit italienischen Druckern und Verlegern in Florenz, Rom und Venedig zur Erlangung von Kompositionen und Schriften italienischer Komponisten.

1619 Legat mit einer Stiftung von 3.000 Mariengulden, verteilt an Städte seiner und seiner Familie Aufenthalte, anzulegen zur Unterstützung von Studenten der Theologie oder von Armen in Creuzburg, Torgau, Treuenbrietzen, Frankfurt/Oder, Dresden, Halle, Zerbst, Halberstadt und Wolfenbüttel (Auszahlung ist nur einmal erfolgt). Tod 1621, beigesetzt unter der Orgelempore der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel.

Als zentrale Erscheinung der deutschen Musikgeschichte an der Wende vom 16. zum 17.Jahrhundert versuchte P., das musiktheoretische Wissen und die Musikpraxis dieser Zeit darzustellen. Sein Werk ist von besonderer Bedeutung für das musikalische Leben in den Zentren des deutschen Protestantismus. Als Kapellmeister des Herzogs Heinrich Julius zu Braunschweig & Lüneburg schuf er ein breit angelegtes Kapellrepertoire, das den Bedürfnissen seiner Zeit entsprach. Dabei bemühte er sich, neue musikalische Errungenschaften, vornehmlich aus Italien, in eine der Reformation adäquate Sprache umzusetzen.

Der theologische Aspekt seines Schaffens wird besonders deutlich in seinem neunteiligen Werk „Musae Sioniae“ (1605 ff), in dem fast alle Kompositionen nach evangelischen Kirchengesängen oder nach vorreformatorischen cantus firmi gearbeitet sind. In organischer Verbindung werden der imitatorische Stil nach Art der Niederländer, die cantus-firmus-Technik und der Madrigalstil eingesetzt. Dazu kommt als neue Form die „coro-spezzato-Technik“ („geteilter Chor“), eine Musik für unterschiedliche Chor- und Instrumentalgruppen nach venezianischem Vorbild (Gabrieli, Monteverdi). Dabei wird von Praetorius eine lebendige Textausdeutung angestrebt, ein besonderes Anliegen der Reformation.

Mit „Urania“ (1613), einer Sammlung von Kirchenliedern für 2, 3 und 4 Chöre, wird die mehrchörige Praxis mit dem Contrapunctus simplex verbunden; sie verschafft kleineren Chören Zugang zur venezianischen Klangpracht. Zu diesem Repertoire protestantischer Liturgie gehört auch die Sammlung „Kleine und große Litanei“ (1613, 5-8 v.). Alle diese Werke haben deutschsprachige Texte und waren zunächst für die Gottesdienste in der Wolfenbütteler Schlosskapelle bestimmt, fanden aber weite Verbreitung im gesamten protestantischen Deutschland.

„Musarum Sioniarum Motectae et Psalmi Latini“ (1605/1607) ist der Titel einer Sammlung von lateinischen Motetten für 4-16 Stimmen; sie stehen stilistisch den Kompositionen von 1611 nahe, den „Missodia Sionia“ (Messgesänge, 2-8 v.), „Hymnodia Sionia“ (Hymnen, 3-8 v.), „Eulogodia Sionia“ (Dankgesänge und Antiphonen, 2-8 v.) und „Megalynodia Sionia“ (Magnificat-Kompositionen, z.T. Parodien auf Werke von Lasso und Marenzio, 5-8 v.). Diese Werke mit lateinischen Texten waren vorwiegend für die nach lateinischem Ritus gehaltenen Gottesdienste in der Gröninger Schlosskapelle bestimmt. Bis 1613 hat P. über 1.600 Werke komponiert; sie machen 15 der 20 Bände unserer heutigen Gesamtausgabe aus.

Als Orgelkomponist hat P. nur zehn Werke hinterlassen: drei Choralphantasien und eine Choralvariation (in Teil III der „Musae Sioniae“) sowie sechs Hymnen (in „Hymnodia Sionia“). Von einer geplanten achtteiligen Reihe weltlicher Werke sowohl vokaler als auch instrumentaler Art, den „Musae Aoniae“, ist nur der Band „Terpsichore“ (1612) überliefert, eine Sammlung französischer Tänze. Nach eigenem Zeugnis des P. waren aber auch die meisten der anderen Bänden im Manuskript fertig und gehörten bereits zum Repertoire der Hofkapelle.

Ab etwa 1613 wandte P. sich dem konzertierenden Stil zu, der „neuen italienischen Manier“, für welche er 15 Bände einer Reihe „Polyhymniae Ecclesiasticae“ plante, in welche auch bereits früher komponierte Werke in konzertant umgearbeiteter Form Aufnahme finden sollten. Diese sollten bis zu 9 Chöre und bis zu 34 Stimmen umfassen. Davon ist nur ein Teil fertig geworden; überliefert sind drei Bände: die „Polyhymnia caduceatrix et panegyrica“ (1619) mit 40 „Friedt- und Freud-Gesängen“ in Besetzungen für bis zu 6 Chören und bis zu 21 Stimmen; die „Polyhymnia exercitatrix“ (1619) mit 14 Kompositionen für 2-3 Vokal- und 3-4 Instrumentalstimmen (einem ausgesetzten Generalbass, die Stücke können auch ohne die Gesangstimmen rein instrumental aufgeführt werden). Diese Kompositionen waren gedacht zur Einübung der Sänger in die neue „Concert-Manier“ des solistischen Gesanges. „Puericinium“ (1620) enthält ebenfalls 14 Kompositionen, bestimmt für die Feste des Kirchenjahres, besetzt mit 4 Knabenstimmen, einem „Capellchor“ und einer instrumentalen „Capella fidicinia“.

Das „Syntagma musicum“ wird auch heute noch als das aufschlussreichste theoretische Musikkompendium seiner Zeit verstanden (drei von vier Bände sind erschienen): Band I befasst sich mit der Geschichte der geistlichen und weltlichen Musik; Band II ist ein erstrangiges Quellenwerk in instrumentenkundlicher Hinsicht, das auch für die Wiederbelebung barocker Instrumente im 20.Jh. maßgebend geworden ist (vgl. die sogenannte „Praetorius-Orgel“ in der Universität Freiburg i.Br. 1922); Band III nimmt Stellung zu Problemen der Notation, der Terminologie und der Aufführungs-Praxis. Darin beschreibt P. auch die von ihm entwickelten 12 „Arten“ und 9 „Manieren“ der „Concert-Music“, von denen sich je ein Beispiel in der „Polyhymnia caduceatrix“ befindet, so dass sich damit Theorie und Praxis in idealer Weise ergänzen.

Im „Syntagma musicum“ III zeigt P. noch eine Reihe von sieben Bänden „Geistliche Opera und Schriften“ unter dem Titel „Regnum Coelorum“ an, die wie so vieles andere wohl als verloren angesehen werden müssen. Er war unter seinen Zeitgenossen angesehen als „der weitberühmte, kunstreiche, vortreffliche und von Gott hochbegnadete Musicus“ (Michael Altenburg), ja man nannte ihn gar einen „deutschen Orpheus“.

Autor: Prof. Dr. Siegfried Vogelsänger, Wolfenbüttel, September 2010

http://www.michael-praetorius.de