Eugen Bolz Gedenkort Stuttgart

Portrait von Eugen Bolz
Haus der Katholischen Kirche Stuttgart
Relief - Eugen Bolz Gedenkort Stuttgart
St. Eberhard Stuttgart
Eugen Bolz Gedenkort
St. Eberhard Stuttgart Königstraße
Eugen Bolz Büste - Bronze 2022
Eugen Bolz Gedenkort St. Eberhard
Königstraße Stuttgart
Relief Gedenkort St. Eberhard
Eugen Bolz
Eugen Bolz Büste - Bronze 2022
Königstraße Stuttgart
Eugen Bolz Büste - Bronze 2022
Gedenkstätte für Eugen Bolz an der Fassade

Die Domgemeinde pflegt besonders das Andenken des württembergischen Zentrums-Abgeordneten, Ministers und Staatspräsidenten Eugen Bolz, der, 1881 in Rottenburg geboren, das Stuttgarter Karlsgymnasium absolviert hatte und mit seiner Frau die Eberhardskirche regelmäßig besuchte. Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er aller Ämter enthoben. Am 19. Juni 1933 wurde Bolz nach dem Besuch der Messe in St. Eberhard verhaftet und dem aufgehetzten Pöbel in einer Schaufahrt durch Stuttgart zur Verachtung preisgegeben. Aufgrund seines Einsatzes im Widerstand wurde Eugen Bolz nach Haft und Folter durch den Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee enthauptet. Bolz, an den auch die benachbarte Bolzstraße und ein 1993 errichtetes Denkmal des Bildhauers Alfred Hrdlicka (1928-2009) erinnern, ist als Politiker für eine Gesellschaft auf christlicher Wertegrundlage eingetreten und hat als gläubiger Katholik bis zum Tod Zeugnis für Jesus Christus abgelegt. „Selig der Mann“, so der Vers aus der Lesung des Hinrichtungstages, „der in der Prüfung standhält, denn hat er sich bewährt, wird er die Krone des Lebens empfangen“ (Jak 1,12).

Am 22. Mai 2022 wird die neue Gedenkstätte für Eugenbolz an der Außenfassade der Domkirche eingeweiht.

Eugen Bolz war ein christlicher Politiker und ein politischer Christ. Beides war für ihn untrennbar. Dies fasst das (gekürzte) Zitat, das an der neuen Gedenkstätte zu lesen ist und einer 1924 in Bad Waldsee gehaltenen Rede entstammt („Politik ist nichts anderes als praktisch angewandte Religion“) zusammen. Christen dürfen sich nach seiner Überzeugung nicht in frommes Privatleben zurückziehen, sondern sollen aus ihrem Glauben heraus „die besten Bürger“ sein und Verantwortung übernehmen. Mit diesen von der Katholischen Soziallehre und der Katholischen Aktion geprägten Überzeugungen christlicher Weltverantwortung und staatlicher Wertegebundenheit wies Bolz über seine Zeit hinaus in den Kern der freiheitlichen und demokratischen Rechtsordnung des Grundgesetzes.

Eugen Bolz erhält folgerichtig an der Grenze zwischen Kirchenraum und öffentlichem Raum seine Gedenkstätte. Dazu wird die im Stil der Zeit um einen sauberen Neubeginn bemühte glatte Sandseinfassade der 1955 eingeweihten Eberhardskirche aufgebrochen. Die ausgebrochenen Steinquader fallen − eine Anspielung auch an die von James Stirling (1924-1992) erbaute Staatsgalerie in Stuttgart − auf die Freitreppe vor der Kirche und zeigen Namen und wichtige Lebensdaten von Bolz.

In dem transparenten Durchbruch der von Ralf Ehmann (geb. 1967) gestaltete Gedenkstätte zeigt eine Bronzebüste den von Gefängnis und Folter gezeichneten Eugen Bolz, wie er 1944 vor dem Volksgerichtshof fotografiert wurde. Bolz blickt die Passanten auf der Königstraße an. Die Inschrift der Bronzeplatte, die mit der Nische eine Kreuzform bildet, regt zum Nachdenken an: „Politik ist für mich nichts anderes als praktische Religion.“. Auf der Innenseite, im Vorraum der Kirche, werden auf einem Bronzerelief die wichtigsten Lebensstationen: Bolz als Staatspräsident, die Domkirche St. Martin in Rottenburg, die im Krieg zerstörte Eberhardskirche, Familie Bolz vor dem Stuttgarter Wohnhaus und Bolz, wie er nach dem Verhör durch die Staatspolizei in Stuttgart im offenen Wagen von Nazi-Pöbel eingeschüchtert wird. Das Wappen von Bischof Gebhard Fürst würdigt dessen großzügige Unterstützung der Gedenkstätte.

Weitere Informationen:

https://www.kath-kirche-stuttgart-mitte.de/gemeinden/st-eberhard/domkirche-st-eberhard

 

 

Eugen Bolz – Vita

Eugen Bolz wächst in einer katholischen Familie auf und schließt sich früh dem Windthorstbund, der Jugendorganisation der Zentrumspartei, an. 1919 wird der Zentrumspolitiker Bolz zum württembergischen Justizminister, wenige Jahre später zum Innenminister ernannt. Er ist mit Maria Hoeneß verheiratet, mit der er eine Tochter hat. 1928 wählt ihn eine Rechts-Mitte-Koalition zum württembergischen Staatspräsidenten. Bolz unterstützt die Politik des Reichskanzlers Heinrich Brüning, unterschätzt jedoch Ende 1932 die politischen Ziele der NSDAP und bezieht erst Anfang 1933 deutlich Stellung gegen Hitler. Am 11. März 1933 wird seine Regierung von den Nationalsozialisten abgesetzt, Bolz selbst im Juni 1933 für mehrere Wochen in „Schutzhaft“ genommen. Er hält trotzdem Verbindung zu seinen politischen Freunden aus der aufgelösten Zentrumspartei, aus der verbotenen SPD und der früheren liberalen Deutschen Staatspartei. Später stellt er sich auch Carl Goerdeler zur Verfügung und soll nach dem Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 ein Ministeramt erhalten. Eugen Bolz wird am 12. August 1944 verhaftet, am 21. Dezember 1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee ermordet.

Eugen Bolz Denkmal Rottenburg 1
Eugen Bolz Denkmal Rottenburg
Eugen Bolz Denkmal

Eugen Bolz – Denkmal, Jurakalk, 1999, Stadt Rottenburg, Eugen – Bolz – Platz

Literatur

Joachim Köhler (Hrsg.): Christentum und Politik. Dokumente des Widerstands. Zum 40. Jahrestag der Hinrichtung des Zentrumspolitikers und Staatspräsidenten Eugen Bolz am 23. Januar 1945. Sigmaringen 1985

Joachim Köhler: Eugen Bolz. Württembergischer Minister und Staatspräsident. In: Michael Bosch/Wolfgang Niess (Hrsg.): Der Widerstand im deutschen Südwesten 1933-1945. Stuttgart u.a. 1984, S. 227 ff.

Rudolf Morsey: Eugen Bolz (1881-1945). In: Jürgen Aretz/Rudolf Morsey/Anton Rauscher: Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Band 5. Mainz 1982, S. 88 ff.

Eugen Bolz
Eugen Bolz Portrait - Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart